Christine Treutmann (33) aus der Pädiatrie

Christine Treutmann (33) aus der Pädiatrie

Pflege ist unverzichtbar, findet Christine. Die 33-Jährige ist aus der Nähe von Hamburg an den Bodensee gezogen und hier in der pädiatrischen Intensivpflege angekommen. Im Pflegeprofi-Gespräch erzählt sie von Freud, Leid, täglicher Motivation und welche Aussichten sie an der Pflege liebt.

Christine, wer bist du und wie bist du in die Pflege gekommen?

Ich bin seit 13 Jahren als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin im Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) in Singen auf der Intensivstation tätig. Hier können wir neben größeren Kindern und Jugendlichen auch kleinste Früh- und Reifgeborene versorgen, weil wir in der Neonatologie die speziellen Anforderungen dafür erfüllen und entsprechend auf dem neusten Stand der Technik ausgestattet sind. Bevor ich nach Singen kam, habe ich meine Ausbildung als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin im norddeutschen Stade abgeschlossen. Im GLKN habe ich nach kurzer Zeit eine zweijährige Weiterbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin für pädiatrische Intensivpflege gemacht.

Wie ich in der Pflege gelandet bin? Ich habe Kinder schon immer geliebt und wollte beruflich etwas mit ihnen machen. Auch wusste ich, dass ich gerne in den medizinischen Bereich möchte. Zudem mag ich es, im Berufsalltag aktiv zu sein, herausgefordert zu werden und viel Kontakt zu Kindern und Menschen zu haben. So reizte mich der Beruf „Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“ schon früh.

Du bist jetzt schon länger im Beruf. Was hat dich in der Kinderkrankenpflege gehalten?

Die täglichen Herausforderungen motivieren mich immer aufs Neue. Damit meine ich, jeden Tag den Anspruch zu haben, nicht nur das Überleben der Kinder, sondern auch einen optimalen Ausgang der Behandlungen sicherzustellen. Täglich aufs Neue auf die Station zu kommen und die neuen Kinder kennenzulernen – aufgeregt und gespannt zu sein, was mich erwartet. Das liebe ich. Und vor allem nach dem Dienst sagen zu können, dass ich gute Arbeit geleistet habe. Zudem habe ich jeden Tag Spaß, besonders mit dem großartigen Team. Wir halten einfach zusammen, auch in tragischen Situationen.

 

Kannst du den Zusammenhalt unter euch Kolleg:innen noch etwas genauer beschreiben?

Wir denken und fühlen gleich. In allen erdenklichen Situationen wissen wir, was im Kopf der anderen vorgeht. In schwierigen Momenten müssen wir nicht viel sagen, wir verstehen uns. Aber wir sprechen auch viel über Situationen, was uns sehr hilft – wir fühlen eine große Wertschätzung untereinander. Dazu ist es etwas Besonderes, dass mir das Team bei der Dienstplanung ermöglicht, den Berufsalltag mit meiner Familie zu vereinbaren.

Was motiviert dich darüber hinaus, jeden Tag dein Bestes zu geben?

Die Kinder. Jedes Kind muss auf dessen Art und Weise gepflegt werden. Wir passen uns seinen individuellen Bedürfnissen an – damit wir nicht nur pflegen, sondern auf die langfristige geistige und körperliche Entwicklung eingehen können. Auch motiviert mich die Zusammenarbeit mit den Eltern. Man ist ein Teil davon, das Kind auf einem schwierigen Weg zu begleiten und erfährt dadurch viel Dankbarkeit. Das ist unser Job und den machen wir gerne. Aber mit der Wertschätzung unserer Hilfe, und der Bestätigung, dass wir etwas gut machen, ist es ein umso schöneres Gefühl.

Kannst du uns erklären, was der Sinn deiner Arbeit ist?

Die Unverzichtbarkeit der Pflege. Diese bedeutsame und sinnvolle Arbeit kann keine Maschine ersetzen. Und für mich, dass ich am Ende ein gutes Gefühl habe, weil ich einem Kind und seiner Familie geholfen habe, eine gute Entwicklung zu fördern. Dieser Sinn ist für mich essenziell. Wir haben eine Lebensverantwortung – wir sichern das Überleben von Kindern nach bester Möglichkeit.

Wie erfährst du Wertschätzung im Berufsalltag?

Wertschätzung bedeutet für mich vor allem, zu helfen. Zum Beispiel hatte ich einmal den Fall, dass ein Kind in der 22. Schwangerschaftswoche mit nur 350 Gramm zur Welt kam. Die Überlebenschancen standen sehr schlecht. Aber die Eltern haben daran festgehalten, alles zu versuchen. Wir sind diesen Weg gemeinsam gegangen und nach vier Monaten konnte das Kind mit 2.600 Gramm und ohne bleibende Schäden nach Hause entlassen werden. Das sind Momente, die einfach wunderbar sind. Am Anfang denkt man, dass das Kind nicht überlebt oder nur mit gravierenden Schäden und dann schafft man das gemeinsam doch. Das zeigt mir immer, dass man vielem eine Chance geben soll, auch wenn die Geräte etwas anderes sagen. Dass wir die Möglichkeit haben, hat einen großen Wert.

Woher nimmst du noch die Kraft, jeden Tag zu meistern? Hast du einen Ausgleich zur Arbeit?

Außer aus dem Team und unseren Erfolgen ziehe ich meine Kraft komplett aus meiner Familie. Vor allem, weil ich mit meinem Mann und meinen Eltern über alles reden kann. Es hilft mir, über Situationen zu sprechen. Als Ausgleich tut mir Sport auch sehr gut, da ich emotional im Job involviert bin, ist das sehr wichtig. Normalerweise soll man die Arbeit auf der Arbeit lassen, aber das ist nicht komplett möglich. Dafür wachsen wir viel zu sehr mit der Situation zusammen und haben auch diesen intensiven Eltern- und Patient:innen-Kontakt. Man kann nicht nach draußen gehen und komplett abschalten – dafür ist dann der Ausgleich da. Ich bin auch gerne viel in der Natur. Daran liebe ich die Weite und den Platz, das natürliche Licht und meine lachenden Kinder.

Welche Aussichten gibt es für dein Berufsbild?

Im Bereich der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege gibt es genauso viele Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten, wie in anderen pflegerischen Bereichen. Ich habe ja schon die Intensivfachweiterbildung gemacht, aber es wird sehr viel zusätzlich angeboten. Nebenbei habe ich auch noch eine Weiterbildung zur medizinischen Kodierfachkraft absolviert. Diese kann ich in Teilzeit neben meinem Hauptberuf tätigen. Die Kodierung, das ist die Abrechnung für die Station, konnte ich auch während meiner Elternzeit weiter ausüben. Es gibt aber auch noch viele andere Möglichkeiten, wie Praxisanleiter:in zu werden und damit die Auszubildenden zu begleiten. Man kann auch in Richtung Studium und Pflegemanagement gehen oder Stationsleiter:in werden.

 

Wird diese Vielseitigkeit der Pflege in der Öffentlichkeit wahrgenommen?

Leider nicht genug. Es wird häufig übersehen, wie abwechslungsreich und anspruchsvoll dieser Beruf ist, wie viele Aufstiegsmöglichkeiten und Weiterbildungen es doch tatsächlich gibt und wie weit die Einsatzbereiche reichen. Zudem werden die positiven Erfahrungen, die man in der Pflege erlebt, häufig nicht so gesehen. Wir sind systemrelevant, weil wir Menschen gesund pflegen. Und das ist wirklich wichtig, weil uns keine Maschine ersetzen kann.

Was ist das Besondere an der Pflege im Landkreis Konstanz und was gefällt dir an deiner neuen Heimat?

Für mich war das Besondere die Einfachheit des Wechsels nach Singen in eine völlig unbekannte Umgebung. Ich dachte, dass es aufgrund der Entfernung zu meinen Eltern sehr schwierig für mich wird. Aber die Kolleg:innen auf der Station haben mir das Ankommen leicht gemacht, weil sie mich mit offenen Armen empfangen haben. Das Team ist schnell zu meiner zweiten Familie geworden. Das Attraktive ist hier auch der See, die Berge, die Nähe zum Schwarzwald und wunderschöne Städte. Der Landkreis hat tolle Angebote und auch eine große kulturelle Bandbreite.